S T Ä W O G I N A K T I O N anstöße der einzelnen Workshops im Plenum vorgestellt. „Oft geht es darum, die kleinen Dinge aufzuspü- ren, die Teilhabe verhindern“, weiß Böttjer aus seinen Erfahrungen in der NIB-Arbeitsgruppe „Wohnen“, in die er als Vertreter der Städtischen Wohnungsgesellschaft eingebun- den ist. Das Hauptaugenmerk der regelmäßigen Treffen liegt zurzeit auf „Erlebnisspaziergängen in den Quartieren“, die bisher nach Grünhöfe, Lehe, Wulsdorf und Mitte geführt haben. „Die Erkenntnisse und Erfah- rungen der Stadtspaziergänge werden in der Gruppe ausgewertet und in Projekte und Aktionen zum Abbau von Barrieren umgesetzt.“ „Man muss die Probleme erstmal erkennen“, wiederholt Ralf Böttjer. „Auch wenn sich nicht sofort etwas ändert, ist diese Arbeit doch wichtig.“ Das gilt auch ganz allgemein für das Engagement der STÄWOG im Netzwerk Inklusives Bremerhaven, in dem das Unternehmen zu den verläss- lichen Partnern gehört. „Es geht um inklusives Mitdenken, und es ist gut, dass das Thema in den Köpfen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter prä- sent ist“, bestätigt der Sozialmanager noch einmal. „Inklusiv zu denken bedeutet übri- gens auch altersgerecht zu denken“, weist Böttjer auf einen weiteren wich- tigen Aspekt hin. „Man sollte immer so planen, dass die Wohnungen für eine möglichst breite Zielgruppe zur Verfügung stehen. Natürlich kann man es nicht allen recht machen und sind Kompromisse notwendig, aber es ist wichtig, aufeinander zuzugehen und ins Gespräch zu kommen.“ Das wiede- rum gehört zum Selbstverständnis der Städtischen Wohnungsgesellschaft Bremerhaven, die offen für Neues ist, für innovative Denkansätze steht und die Menschen in den Mittelpunkt stellt: „Lasst es uns so gut machen, wie es möglich ist!“ Nachgehakt zum Thema Wohnen Drei Fragen an die Rollstuhlfahrerinnen Monika Eberlein (Sprecherin AG Freizeit / Kultur) und Silvana Nowacki (Leiterin AG Barrieren) Worauf würden Sie besonders ach- ten, wenn Sie für sich eine Wohnung suchen würden? M. Eberlein: Schon bevor ich die Wohnung ansehe, achte ich auf die Umgebung und das Wohnhaus. Bus- anbindung, ausgewiesene Roll- stuhlparkplätze, Straßenbeläge, Bordsteinkanten und Zugangs- möglichkeiten zu den Geschäften – die Umgebung ist ebenso wichtig wie das Wohnhaus selbst. Ist die Haustür leicht zu öffnen, wie steht es um Zwischentüren? Gibt es einen Fahrstuhl und einen gut erreichbaren Hausmeister, eine funktionierende Hausverwaltung? S. Nowacki: Sind die Wohnungstü- ren breit genug, ist die Duschzelle befahrbar und kann ich dort weitere Griffe anbringen? Das Bad und die Zimmer sollten so groß sein, dass ich den Rollstuhl auch dann noch gut bewegen kann, wenn alles komplett eingerichtet ist. Ach ja, der Balkon sollte keine Schwelle haben. Denn was nützt mir ein Balkon, wenn ich ihn nur von innen anschauen kann. Wie ist die Wohnsituation in Bremer- haven für Menschen mit Behinde- rungen? M. Eberlein: Die kurze Antwort ist, dass es zu wenige entsprechende Wohnungen in und um Bremerhaven gibt. Ich weiß von vielen Men- schen mit den unterschiedlichsten Einschränkungen, die auf der Suche nach einer passenden Wohnung sind, und häufig muss so eine Wohnung im von den Sozialbehörden gesetzten Rahmen zu finanzieren sein. Es ist ein guter Anfang, dass bei Neubauten auf die Quote für barrierefreie Wohnun- gen geachtet werden muss. Außerdem sollten Vermieter besser über Förder- programme aufgeklärt werden, die einen behindertengerechten Umbau unterstützen. S. Nowacki: Denkmalschutz geht aber immer noch vor Barrierefreiheit – auch deshalb ist es nicht einfach, eine Wohnung zu finden, bei der Preis, Stadtteil und Barrierefreiheit stimmen. Wegen des demographischen Wandels werden sich die Vermieter allerdings längerfristig auf die Bedürfnisse der älteren Generation einstellen müssen. Warum arbeiten Sie aktiv im Netz- werk Inklusives Bremerhaven mit? M. Eberlein: Ich engagiere mich aus Überzeugung, denn mein Bremerha- ven ist ein anderes als das Bremerha- ven für Menschen ohne Beeinträch- tigung. Solange in der Gesellschaft nicht von allen akzeptiert wird, dass Menschen verschieden sind, braucht es Zusammenschlüsse wie das Netz- werk Inklusives Bremerhaven. S. Nowacki: Dem Netzwerk Inklusi- ves Bremerhaven haben sich viele Institutionen, Ämter und auch Woh- nungsgesellschaften wie die Stäwog angeschlossen, und das ist sehr posi- tiv. Ich halte es aber auch für wichtig, dass Betroffene mit dabei sind und immer wieder mit dem Finger auf die Missstände zeigen. Nur so haben sie die Möglichkeit, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. S TÄW O G M A G A Z I N | D E Z E M B E R 2 02 2 | 13